Bestands­käufe boomen, Neubau stagniert: Was wir als Branche jetzt über den Immobi­li­en­markt wissen sollten

Published On: 16. Januar 2025|Categories: Insights|

2024 zeigte ein diffe­ren­ziertes Bild für den Immobi­li­en­markt, weiß Co-CEO Stefan Münter. Während Bestands­käufe ein Rekordjahr erlebten, blieb der Neubau insbe­sondere bei Großpro­jekten und Einfa­mi­li­en­häusern weit hinter den Erwar­tungen zurück. Worauf sollten wir uns als Branche einstellen?

Bestands­käufe treiben den Markt

Auf der Nachfra­ge­seite verzeichnete der Markt einen deutlichen Aufschwung. „Das Wachstum ist getrieben durch die schwierige Situation am Mietmarkt. “Die Angebotslage dort ist dürftig“, erklärt Stefan Münter. Besonders Käufer:innen von Bestands­im­mo­bilien trieben das Geschäft voran: „Stück­zahl­mäßig war es bei Trans­ak­tionen im Bestand wahrscheinlich das erfolg­reichste Jahr, seitdem es uns als Plattform gibt.“ Laut Bundesbank belief sich das Neuge­schäft auf ein Volumen von rund 200 Milli­arden Euro – eine deutliche Steigerung gegenüber den 160 Milli­arden Euro im Vorjahr.

Neubau­pro­jekte auf histo­ri­schem Tiefstand

Im Gegensatz dazu blieb der Neubau­sektor schwach. „Die Neubau­pro­jekte, insbe­sondere von großen Bauträgern, sind nach wie vor sehr dünn. Wir sprechen von 70 bis 80 Prozent weniger als in den Höchst­zeiten 2021.“ Zwar seien Einfa­mi­li­en­häuser weniger stark einge­brochen, doch auch hier liege das Niveau immer noch mehr als 60 Prozent unter den Höchst­werten.

Moder­ni­sierung verfehlt Erwar­tungen

Ein weiteres Problem bleibt die Moder­ni­sierung des Wohnungs­be­stands im Hinblick auf Klima­neu­tra­lität: „Da haben wir dieses Jahr keinen großen Schritt gemacht“, bedauert Stefan Münter. Weiter betont er: “Die größte Unsicherheit aus heutiger Sicht ist die energe­tische
Sanierung. Wir gehen von einem Sanie­rungs­bedarf von 1,6 Billionen aus, verteilt auf die nächsten 20 Jahre. Das wird zu Anfang sicher weniger sein, und gerade bei diesem Thema bleibt die Frage nach dem politi­schen Willen. Insbe­sondere die junge Generation wird mit entspre­chend angepassten Energie­kosten leben wollen, insbe­sondere hinsichtlich der CO2-Abgabe. Wenn die Eigen­tümer es also nicht bereits selbst getan haben, werden es die Käufer tun und stärker als bisher in die energe­tische Sanierung inves­tieren. “Während wir in den letzten Jahren im Schnitt eher 20 Mrd. Volumen jährlich auf die Moder­ni­sierung entfallen sahen, gehen wir von einer Steigerung bis zum Jahr 2030 auf bereits 60 Mrd. aus.”

Mangel an Wohnraum verschärft soziale Probleme

Die Knappheit im Neubau verschärft die ohnehin angespannte Situation auf dem Mietmarkt. „In allen Regionen sind die Mietpreise massiv angezogen, und es wird bei günstigen Bestands­mieten nicht mehr umgezogen.”, so Stefan Münter. “Und das, obwohl sich verän­dernde Lebens­um­stände wie Famili­en­zu­wachs oder Trennung einen Umzug eigentlich notwendig machen und nach zusätz­lichem Wohnraum verlangen.”

Förder­pro­gramme müssen verbessert werden

Im Hinblick auf die Förderung von Wohnei­gentum kriti­siert Stefan Münter die Untätigkeit der Politik: „Die Situation in 2024 im Bereich der Förderung – ganz ehrlich: schlechter kann es nicht werden.“ Er fordert unter anderem die Abschaffung der Grund­er­werb­steuer für den Ersterwerb: „Das wäre ein wichtiges Signal, um deutlich zu machen, dass Wohnei­gentum in Deutschland langfristig Wert für die Bevöl­kerung hat.“ Eine Förderung könnte auch gezielter einge­setzt werden, beispiels­weise für den Neubau und Kauf der ersten eigenen Wohnung statt für den Erwerb von Zweit- oder Dritt­im­mo­bilien.

2025: Wachstum mit Einschrän­kungen?

Für 2025 zeigt er sich vorsichtig optimis­tisch: „Wir glauben fest daran, dass es weiter aufwärts gehen wird, wenn auch zu Beginn 2025 noch nicht mit großer Dynamik.“ Prognosen sehen ein mögliches Wachstum von 10 bis 20 Prozent – getragen vor allem von Preis­an­stiegen und anhal­tender Nachfrage. „Die Frage wird auch sein, was auf der Zinsseite passiert“, betont er.

Mit welchen Bedenken er zum Thema Neubau ins neue Jahr geht? „Was wir heute nicht genehmigt haben, ist nächstes Jahr nicht im Bau und übernächstes Jahr nicht fertig. Wir laufen auf eine Situation hinaus, die wir absehen können – mit verhee­renden Konse­quenzen für den Mietmarkt und die Bevöl­kerung.“ Förder­pro­gramme sind aus Stefan Münters Sicht hier der wichtigste Hebel neben der Deregu­lierung des Mietmarkts. “60 Mrd. Volumen in 2030 sollten es schon sein, anders können wir dem Mangel an bezahl­barem Wohnraum nicht entge­gen­steuern. Wir brauchen de facto mindestens die angekün­digten 300.000 neuen Wohnungen jährlich, und auch in Hinblick aufs Brutto­so­zi­al­produkt muss es der Regierung ein Anliegen sein, den Neubau konse­quent zu fördern. Das Potenzial ist immens.”