Bestandskäufe boomen, Neubau stagniert: Was wir als Branche jetzt über den Immobilienmarkt wissen sollten

2024 zeigte ein differenziertes Bild für den Immobilienmarkt, weiß Co-CEO Stefan Münter. Während Bestandskäufe ein Rekordjahr erlebten, blieb der Neubau insbesondere bei Großprojekten und Einfamilienhäusern weit hinter den Erwartungen zurück. Worauf sollten wir uns als Branche einstellen?
Bestandskäufe treiben den Markt
Auf der Nachfrageseite verzeichnete der Markt einen deutlichen Aufschwung. „Das Wachstum ist getrieben durch die schwierige Situation am Mietmarkt. “Die Angebotslage dort ist dürftig“, erklärt Stefan Münter. Besonders Käufer:innen von Bestandsimmobilien trieben das Geschäft voran: „Stückzahlmäßig war es bei Transaktionen im Bestand wahrscheinlich das erfolgreichste Jahr, seitdem es uns als Plattform gibt.“ Laut Bundesbank belief sich das Neugeschäft auf ein Volumen von rund 200 Milliarden Euro – eine deutliche Steigerung gegenüber den 160 Milliarden Euro im Vorjahr.
Neubauprojekte auf historischem Tiefstand
Im Gegensatz dazu blieb der Neubausektor schwach. „Die Neubauprojekte, insbesondere von großen Bauträgern, sind nach wie vor sehr dünn. Wir sprechen von 70 bis 80 Prozent weniger als in den Höchstzeiten 2021.“ Zwar seien Einfamilienhäuser weniger stark eingebrochen, doch auch hier liege das Niveau immer noch mehr als 60 Prozent unter den Höchstwerten.
Modernisierung verfehlt Erwartungen
Ein weiteres Problem bleibt die Modernisierung des Wohnungsbestands im Hinblick auf Klimaneutralität: „Da haben wir dieses Jahr keinen großen Schritt gemacht“, bedauert Stefan Münter. Weiter betont er: “Die größte Unsicherheit aus heutiger Sicht ist die energetische
Sanierung. Wir gehen von einem Sanierungsbedarf von 1,6 Billionen aus, verteilt auf die nächsten 20 Jahre. Das wird zu Anfang sicher weniger sein, und gerade bei diesem Thema bleibt die Frage nach dem politischen Willen. Insbesondere die junge Generation wird mit entsprechend angepassten Energiekosten leben wollen, insbesondere hinsichtlich der CO2-Abgabe. Wenn die Eigentümer es also nicht bereits selbst getan haben, werden es die Käufer tun und stärker als bisher in die energetische Sanierung investieren. “Während wir in den letzten Jahren im Schnitt eher 20 Mrd. Volumen jährlich auf die Modernisierung entfallen sahen, gehen wir von einer Steigerung bis zum Jahr 2030 auf bereits 60 Mrd. aus.”
Mangel an Wohnraum verschärft soziale Probleme
Die Knappheit im Neubau verschärft die ohnehin angespannte Situation auf dem Mietmarkt. „In allen Regionen sind die Mietpreise massiv angezogen, und es wird bei günstigen Bestandsmieten nicht mehr umgezogen.”, so Stefan Münter. “Und das, obwohl sich verändernde Lebensumstände wie Familienzuwachs oder Trennung einen Umzug eigentlich notwendig machen und nach zusätzlichem Wohnraum verlangen.”
Förderprogramme müssen verbessert werden
Im Hinblick auf die Förderung von Wohneigentum kritisiert Stefan Münter die Untätigkeit der Politik: „Die Situation in 2024 im Bereich der Förderung – ganz ehrlich: schlechter kann es nicht werden.“ Er fordert unter anderem die Abschaffung der Grunderwerbsteuer für den Ersterwerb: „Das wäre ein wichtiges Signal, um deutlich zu machen, dass Wohneigentum in Deutschland langfristig Wert für die Bevölkerung hat.“ Eine Förderung könnte auch gezielter eingesetzt werden, beispielsweise für den Neubau und Kauf der ersten eigenen Wohnung statt für den Erwerb von Zweit- oder Drittimmobilien.
2025: Wachstum mit Einschränkungen?
Für 2025 zeigt er sich vorsichtig optimistisch: „Wir glauben fest daran, dass es weiter aufwärts gehen wird, wenn auch zu Beginn 2025 noch nicht mit großer Dynamik.“ Prognosen sehen ein mögliches Wachstum von 10 bis 20 Prozent – getragen vor allem von Preisanstiegen und anhaltender Nachfrage. „Die Frage wird auch sein, was auf der Zinsseite passiert“, betont er.
Mit welchen Bedenken er zum Thema Neubau ins neue Jahr geht? „Was wir heute nicht genehmigt haben, ist nächstes Jahr nicht im Bau und übernächstes Jahr nicht fertig. Wir laufen auf eine Situation hinaus, die wir absehen können – mit verheerenden Konsequenzen für den Mietmarkt und die Bevölkerung.“ Förderprogramme sind aus Stefan Münters Sicht hier der wichtigste Hebel neben der Deregulierung des Mietmarkts. “60 Mrd. Volumen in 2030 sollten es schon sein, anders können wir dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum nicht entgegensteuern. Wir brauchen de facto mindestens die angekündigten 300.000 neuen Wohnungen jährlich, und auch in Hinblick aufs Bruttosozialprodukt muss es der Regierung ein Anliegen sein, den Neubau konsequent zu fördern. Das Potenzial ist immens.”